Marder
Die Untermieter und Autoliebhaber
Wo die flinken Kameraden des Nachts im Motorraum zubeißen, leisten sie ganze Arbeit: Zündkabel, Kühlwasser- und Heizungsschläuche, Achsmanschetten, Dämmmaterial oder die Kabel der Bordelektronik – kaum ein Teil ist vor den spitzen Fangzähnen der Steinmarder sicher, Hauptsache es ist mundgerecht und weich im Biss. Autofahrer erkennen den nächtlichen Besucher morgens nur noch am einsamen Klicken des Zündschlüssels, auf das melancholische Stille folgt.
Dabei ist es den bei uns weit verbreiteten Steinmardern ganz egal, ob sie sich ihre Kaugummi-Ration unter Vaters Edelkarosse holen oder Muttis kleinem Zweitwagen. Es ist noch nicht einmal Hunger, der sie unter die Motorhaube treibt. Sie zerbeißen die Kabel nur und fressen auch keine Dämmstoffe – Marder mögen Aas, Abfälle, Kleinsäuger, Jungvögel und Insekten. Der Autoverbiss erklärt sich vielmehr aus dem allgemeinen Verhalten der Tiere: Steinmarder sind äußerst neugierig und verspielt, und so ein Motorraum hat allerhand zu bieten. Zudem ist er ein ideales Versteck oder ein warmer Platz für ein kleines Nickerchen.
Besonders im Frühjahr gibt es Kabelsalat, denn dann herrscht Revierkampf vor der Paarungszeit im Sommer. Von Haus aus schon kein Softie, wird ein Mardermännchen jetzt besonders aggressiv. Hat die Konkurrenz eine Duftmarke im Motorraum hinterlassen, wird besonders herzhaft zugebissen. Wiederholter „Marderbefall“ ist also kein unerklärliches Autofahrerschicksal. Wahrscheinlich wurde der Wagen tagsüber ahnungslos durch ein Fremdrevier gefahren. Der Duft des vermeintlichen Rivalen klebt dann am Unterbau fest.
Alle Jahre wieder bringt Martes foina von Flensburg bis Passau Autobesitzer zur Verzweiflung. Sein „Appetit“ auf Autos kommt sie teuer zu stehen, und nur wenige Versicherer wollen Marders Zeche zahlen. Dabei sieht der 40 bis 50 Zentimeter lange Kerl eigentlich richtig nett aus. Mit munteren Knopfaugen, graubraunem Streichelfell, langem Wuschelschwanz und weißgeränderten Spitzöhrchen schaut er freundlich drein – falls man ihn zu Gesicht kriegt. Wieselflink entkommt er nächtlichen Auflauerern, huscht als Schatten an der Hauswand hoch, Kurs in Richtung Dachboden. Dort wohnt der Kulturfolger bevorzugt und schreckt auch gerne nachts als lauter „Poltergeist“. Tipps gegen ungebetene Mitbewohner: Schlupflöcher tagsüber suchen und nachts, wenn die Marder draußen sind, verstopfen.
Buchtipp zum Weiterlesen: Beate Ludwig: Von Mardern und Menschen. – 128 Seiten.